Hilfe mein Hund ist nicht zu bändigen! – Anregungen für einen ausgeglicheneren und ruhigeren Hund

von Marion Huber | Oktober 11, 2021

Vor über zwanzig Jahren, als das bei mir mit den Hunden anfing, hatte ich genauso einen Hund, wie du ihn vielleicht gerade hast. Scully, eine große, junge und kräftige Riesenschnauzer-Mix-Hündin. Sehr temperamentvoll und impulsiv. Draußen an der Leine kaum zu bändigen. In der Hundeschule, ja auch ich war da mal, ein ständiges Springen, in die Leine beißen und sogar Attackieren. Hunde, Menschen und andere Reize ein Chaos. Sie bellte laut und aufgeregt, zog exzessiv in die Leine und wenn man nicht aufgepasst hat, lag man. Scully hat mich oft an meine Grenzen gebracht, aber dadurch habe ich viel gelernt und ich weiß was du gerade durchmachst. 😅 Und auch heute, im täglichen Umgang mit meinen Kunden, ist diese Sorte Hund häufig anzutreffen. Du bist also nicht allein. 😉

Aber lass mich dir zuvor erklären, warum dein Hund so ist, wie er ist.

Es spielen nämlich viele Faktoren eine Rolle. Dein Hund ist wahrscheinlich jung, er gehört vielleicht einer etwas komplizierteren Rasse an, er bringt eine nicht optimale Vergangenheit mit sich, das Umfeld in dem er lebt trägt zur Unruhe bei, die vererbten Gene sind nicht optimal und sorgen für eine niedrige Frustrationstoleranz … der Einfluss auf das Verhalten deines Hundes ist multifaktoriell, wie man so schön sagt. Aber vor allem ein Faktor spielt eine sehr wesentliche Rolle in diesem Zusammenhang:  nämlich du als Halter. Das ist nicht schlimm. Ich finde das sogar gut, da du so Einfluss hast Du kannst dich und die Situation verändern. Klar ist es was anderes einen Mix aus dem Tierschutz adoptiert zu haben, stolzer Besitzer eines Terriers zu sein oder einen Golden Retriever mit glücklicher Kindheit sein Eigen zu nennen. Aber auch die vermeintlich „einfachen“ Rassen erziehen sich nicht von allein, und du trägst im großen Maße zum Verhalten deines Hundes bei. Eine Schlüsselrolle in diesem Zusammenhang spielt die sogenannte Impulskontrolle oder auch Frustrationstoleranz. Dein Hund muss von dir lernen sich zu beherrschen. Kann er das, wird aus deinem impulsiven, überdrehten Hund einer der abwarten kann, dir aufmerksam an der Leine folgt und dich ohne unangenehme Zwischenfälle überall mit hinbegleiten kann.

Daher habe ich heute jede Menge Anregungen für dich wie du dieses Problem meisterst und die du sofort umsetzen kannst.

🦴 Setze drinnen Grenzen. Du solltest auf jeden Fall über Regeln im Haus nachdenken. Dabei geht es darum sinnvoll Tabus zu setzen und deinen Hund in seiner Bewegungsfreiheit einzuschränken. Besuch an der Tür anspringen oder dir Schritt auf Tritt zu folgen, solltest du verbieten. Dazu gehört das Benutzen einer Hundebox bzw. das Etablieren eines festen Liegeplatzes.

🦴 Setze draußen Grenzen. Der Freilauf ist eingeschränkt und keine Selbstverständlichkeit. „Hallo sagen“ zu fremden Menschen oder Hunden findet nicht statt. Wenn Kontakt stattfindet, dann in kontrolliertem Rahmen. Idealerweise werden Hundefreundschaften angebahnt und gepflegt. Den „ungezwungene“ Kontakt mit jedem auf der Hundewiese solltest du unterlassen.

🦴 Setze deine Grenzen klar und deutlich. Scheue dabei auch nicht vor Berührungen und Körperlichkeit zurück. Sei glaubwürdig. Schau mal, wie ältere, erfahrene Hunde das mit den jungen, rüpeligen Hunden machen. Da wird räumlich begrenzt, geknurrt, auch mal geschupst und geschnappt. Das ist Kommunikation unter sozialen Beutegreifern. Es gehört zu einem Leben in einem sozialen Verband dazu sich auch mal in einem Konflikt durchzusetzen. Höre auf dein Bauchgefühl. Lass dich nicht dadurch verunsichern, dass es jetzt überall modern ist von der positiven Verstärkung zu reden und das dein Hund mit dir kein negatives Erlebnis haben darf. Das hat nichts mit Erziehung zu tun, sondern ist konfliktscheu, unklar und führt zu nichts, sondern es trägt nur noch zum Chaos bei.

🦴 Es gibt feste Ruhephasen. Dabei ist das Haus Ruhezone. Dort wird nicht ständig rumgerannt, an der Küchentür gewartet, den Kindern im Garten nachgehetzt und dein Toilettengang kontrolliert. Ein gutes Hilfsmittel ist dabei die oben erwähnte Hundebox als Liege- und Schlafplatz.

🦴 Sei Vorbild. Bleibe in den Situationen, die deinen Hund aufregen ruhig und gelassen. Gib vor was an Stelle dessen zu tun ist. Z.B. weitergehen, oder einfach nur ruhig bleiben. Du hältst deinen Hund zurück und gibst Führung vor. Ich wiederhole mich, aber dennoch: Lass ihn nicht überall hin und ständig freilaufen.

🦴 Biete die richtige Beschäftigung. Beschäftige deinen Hund unter kontrollierten und ruhigen Bedingungen. Hier bietet sich Apportieren, Sucharbeit und weitere Beschäftigung, die an das natürliche Jagdverhalten anknüpft.

🦴 Mache die richtigen Übungen mit deinem Hund. Dazu zählt das Abwarten beim Abschalttraining und das Aufbauen von Zusammenarbeit bei den gemeinsamen Gassirunden.

🦴 Fördere respektvolles Spiel. Spiele keine körperlichen und ruppigen Spiele mit deinem Hund. Zum Beispiel das Rangeln, Zerren und Raufen macht zwar vielen Hunden Spaß ist aber pädagogisch fragwürdig. Vor allem solltest du dies unterlassen, wenn dein Hund dich anspringt, in die Leine beißt, kneift und rempelt.

🦴 Suche kontrolliertes Spiel unter Artgenossen. Nutze das Spiel deines Hundes mit seinesgleichen dazu ihm Rücksicht, Respekt und Empathie zu erklären. Wildes Toben ohne Grenzen und körperliche Kontrolle ist nicht zielführend und dein Hund festigt sein impulsgesteuertes, rücksichtloses Verhalten in diesem Spiel nur. Spielen und Toben ja, aber nicht zu wild. Sondern angeleitet und für beide Seiten angenehm. Bedenke: Im Spiel wird Verhalten fürs Leben eingeübt. Überlege ganz genau, was dein Hund für die Zukunft lernen soll.

🦴 Übe Leinenführigkeit mit Körpersprache und über jagdliche Orientierungsspiele, wie Anschleichen und konzentriert Blickkontakt aufnehmen, und zwar ohne Leckerchen.

🦴 Mit Leckerchen findet keine Erziehung statt. Die Gabe von Leckerchen schürt unter Umständen das nervöse Verhalten deines Hundes, da er in ständiger Erwartung einer Belohnung ist.

🦴 Ein letzter Tipp. Wenn du das Gefühl hast, dass nichts hilft und dein Hund sich trotz aller Maßnahmen sehr ungewöhnlich verhält, lass sicherheitshalber eine Gesundheitscheck machen. In manchen Fällen kann sich hinter einer starken Impulsivität und großer Aufgeregtheit eine Krankheit, wie z.B. eine Schilddrüsenfehlfunktion verbergen. Das solltest du bei deinem Tierarzt abklären.

Und nun viel Spaß beim ausprobieren meiner Tipps!

 

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